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Wahlmotiv: Corona
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Die Verweigerung der Aufarbeitung und das noch immer praktizierte Vor-den-Kopf-Stoßen von inzwischen bestätigten Kritikern der Corona-Politik – das ist eine große gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit, denn darum bleibt eine Wiederholung im Bereich des Möglichen. Außerdem wird die Wirkung der Anti-Aufarbeitung für Wahlen unterschätzt – sie ist ein „Booster“ für die AfD. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Ist das Thema Corona wahlentscheidend? Das anzunehmen, wäre übertrieben. Aber das Thema wirkt im Untergrund weiter, ob es nun von den etablierten Medien aufgegriffen wird oder nicht. Wie sollte es auch anders sein, angesichts der Zerstörungen, die die Corona-Politik auf so zahlreichen gesellschaftlichen Ebenen und bei so vielen Menschen verursacht hat?
Ausgerechnet das Lager der „parteiübergreifenden Kriegspartei“, das sich den „Kampf gegen Rechts“ besonders plakativ auf die Fahnen geschrieben hat, macht keinerlei Anstalten, die Corona-Politik seriös aufzuarbeiten und damit ein wichtiges Motiv für die Wahl rechter Parteien aus dem Weg zu räumen.
„Wie wichtig ist die Corona-Politik für Ihre Wahlentscheidung?“
Die Hinwendung vieler Bürger zu rechten Parteien hat bekanntlich zahlreiche Motive, unter anderem: Verteuerung des Alltags, Sorgen vor weiteren Folgen der Migration, langfristige (auch friedenspolitische) Verunsicherungen, die provozierende Ignoranz der „etablierten“ Parteien gegenüber konkreten Nöten vieler Menschen, Verletzungen im Kulturkampf und Vieles mehr. Dass diese Motive durch die reale Politik der AfD vermutlich überwiegend enttäuscht werden würden, das soll hier nicht vertieft werden. Statt dessen möchte ich betonen, dass es in meinen Augen ein weiteres wichtiges Motiv gibt: die verweigerte Aufarbeitung der Corona-Zeit.
Das ist meine unbelegte Behauptung – unbelegt auch deswegen, weil in entsprechenden Umfragen zur Wählermotivation die Frage nach einer kritischen Corona-Aufarbeitung oft nicht gestellt wird. So stellte die „Tagesschau“ vor einiger Zeit die Frage: „Europawahl 2024: Welche Themen entschieden die Wahl?“. Dabei werden wichtige Themen abgefragt, aber Corona ist nicht dabei. 2021 hatte das Meinungsforschungsinstitut Civey in einer Umfrage für web.de noch gefragt: „Wie wichtig ist die Corona-Politik für Ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 2021?“. Demnach sahen damals 47 Prozent der Befragten die Entscheidungen bezüglich des Umgangs mit Corona als durchaus wichtig für ihre Wahl an – darunter befanden sich zu diesem Zeitpunkt aber vermutlich auch viele Befürworter der Corona-Politik.
Wahlmotiv in Österreich: Corona?
Hat das Thema Corona die jüngsten Wahlen in Österreich beeinflusst? Das österreichische Medium Profil schreibt dazu in einem ansonsten teils fragwürdigen Artikel:
„Eine aktuelle Wahlumfrage der Forschungsinstitute Foresight und des Instituts für Strategieanalysen im Auftrag des ORF zeigt: Für 34 Prozent der FPÖ-Wähler:innen war die Covid-Pandemie auch noch drei Jahre nach dem letzten Lockdown ein zentrales Wahlkampf-Thema.
(…) Dass weder die Regierung noch andere Parteien das Thema Corona und alle damals getroffenen Entscheidungen wirklich selbstkritisch aufgearbeitet haben, hat ihr übriges dazu beigetragen, dass Kickls FPÖ bei jeder Gelegenheit an Corona und die Einschränkungen von damals erinnerte. Als Wahlstrategie hat diese Erzählung jedenfalls funktioniert.“
Corona-Aufarbeitung und „Kampf gegen Rechts“
Mit dem BSW gibt es bei der nächsten Bundestagswahl endlich wieder eine für mich wählbare Alternative. Die Bemühungen des BSW, das Thema Corona ebenfalls zu besetzen, sind gut und wichtig (siehe etwa hier oder hier oder hier oder hier oder hier). Trotzdem bleibt die AfD vermutlich in den Augen vieler Bürger vorerst die realistischste Kraft dafür, dass zumindest versucht wird, die Corona-Zeit aufzuarbeiten. Ob die Partei das dann wirklich konsequent umsetzt, bleibt abzuwarten.
Die AfD kann aber mit ihren Corona-Positionen trotz dieser Ungewissheit vermutlich auch bei zahlreichen Menschen landen, die ansonsten das AfD-Wahlprogramm in vielen Punkten ablehnen würden, etwa deren Vorstellungen zur Aufrüstung oder ihre Vorstöße zum Steuerrecht oder zur Arbeitslosenversicherung.
Obwohl ich viele AfD-Positionen bei anderen Themen ablehne, muss betont werden: Mit ihrer Kritik an der Corona-Politik haben sich manche AfD-Politiker und -Anhänger schon früh nach vorne gewagt und sie haben für diese Standpunkte viel „Hass und Hetze“ aus Medien und Politik aushalten müssen.
Hat sich bei Ihnen irgendjemand entschuldigt?
Das Verhalten der Corona-Aufklärungsverhinderer erinnert an Kinder, die sich die Augen zuhalten und damit unangenehme Situationen verschwinden lassen wollen. Aber das beharrliche Verweigern, die Corona-Zeit zu analysieren und die dafür nötigen Daten in seriöser Weise zu erheben, lässt den Konflikt nicht verblassen. Im Gegenteil: Diese Versuche der Unterdrückung befeuern meiner Meinung nach bei vielen Menschen eher noch die Wut und die Bereitschaft, als „Notbremse“ rechts zu wählen, wenn damit eine Aufarbeitung noch am wahrscheinlichsten erscheint. Aber anstatt dieses Motiv durch Aufarbeitung abzuräumen, beklagen sich jene Parteien, die sich mit „der Demokratie“ gleichsetzen, über Wahlergebnisse oder bringen gar abzulehnende Parteienverbote ins Spiel.
Es gibt zahlreiche weitere gesellschaftliche Gründe für eine Aufarbeitung der Corona-Politik – einer Politik, die sich auf keinen Fall wiederholen darf. Aber die Widerstände gegen Aufklärung sind groß, viele ehemalige Unterstützer der Corona-Politik sehen keinerlei Veranlassung für eine (selbst)kritische Analyse – auch im privaten Umfeld nicht: Hat sich bei Ihnen eigentlich schon irgendjemand für sein Verhalten während der Corona-Zeit entschuldigt?
Titelbild: Yalcin Sonat / Shutterstock
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Die Verweigerung der Aufarbeitung und das noch immer praktizierte Vor-den-Kopf-Stoßen von inzwischen bestätigten Kritikern der Corona-Politik – das ist eine große gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit, denn darum bleibt eine Wiederholung im Bereich des Möglichen. Außerdem wird die Wirkung der Anti-Aufarbeitung für Wahlen unterschätzt – sie ist ein „Booster“ für die AfD. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Ist das Thema Corona wahlentscheidend? Das anzunehmen, wäre übertrieben. Aber das Thema wirkt im Untergrund weiter, ob es nun von den etablierten Medien aufgegriffen wird oder nicht. Wie sollte es auch anders sein, angesichts der Zerstörungen, die die Corona-Politik auf so zahlreichen gesellschaftlichen Ebenen und bei so vielen Menschen verursacht hat?
Ausgerechnet das Lager der „parteiübergreifenden Kriegspartei“, das sich den „Kampf gegen Rechts“ besonders plakativ auf die Fahnen geschrieben hat, macht keinerlei Anstalten, die Corona-Politik seriös aufzuarbeiten und damit ein wichtiges Motiv für die Wahl rechter Parteien aus dem Weg zu räumen.
„Wie wichtig ist die Corona-Politik für Ihre Wahlentscheidung?“
Die Hinwendung vieler Bürger zu rechten Parteien hat bekanntlich zahlreiche Motive, unter anderem: Verteuerung des Alltags, Sorgen vor weiteren Folgen der Migration, langfristige (auch friedenspolitische) Verunsicherungen, die provozierende Ignoranz der „etablierten“ Parteien gegenüber konkreten Nöten vieler Menschen, Verletzungen im Kulturkampf und Vieles mehr. Dass diese Motive durch die reale Politik der AfD vermutlich überwiegend enttäuscht werden würden, das soll hier nicht vertieft werden. Statt dessen möchte ich betonen, dass es in meinen Augen ein weiteres wichtiges Motiv gibt: die verweigerte Aufarbeitung der Corona-Zeit.
Das ist meine unbelegte Behauptung – unbelegt auch deswegen, weil in entsprechenden Umfragen zur Wählermotivation die Frage nach einer kritischen Corona-Aufarbeitung oft nicht gestellt wird. So stellte die „Tagesschau“ vor einiger Zeit die Frage: „Europawahl 2024: Welche Themen entschieden die Wahl?“. Dabei werden wichtige Themen abgefragt, aber Corona ist nicht dabei. 2021 hatte das Meinungsforschungsinstitut Civey in einer Umfrage für web.de noch gefragt: „Wie wichtig ist die Corona-Politik für Ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl 2021?“. Demnach sahen damals 47 Prozent der Befragten die Entscheidungen bezüglich des Umgangs mit Corona als durchaus wichtig für ihre Wahl an – darunter befanden sich zu diesem Zeitpunkt aber vermutlich auch viele Befürworter der Corona-Politik.
Wahlmotiv in Österreich: Corona?
Hat das Thema Corona die jüngsten Wahlen in Österreich beeinflusst? Das österreichische Medium Profil schreibt dazu in einem ansonsten teils fragwürdigen Artikel:
„Eine aktuelle Wahlumfrage der Forschungsinstitute Foresight und des Instituts für Strategieanalysen im Auftrag des ORF zeigt: Für 34 Prozent der FPÖ-Wähler:innen war die Covid-Pandemie auch noch drei Jahre nach dem letzten Lockdown ein zentrales Wahlkampf-Thema.
(…) Dass weder die Regierung noch andere Parteien das Thema Corona und alle damals getroffenen Entscheidungen wirklich selbstkritisch aufgearbeitet haben, hat ihr übriges dazu beigetragen, dass Kickls FPÖ bei jeder Gelegenheit an Corona und die Einschränkungen von damals erinnerte. Als Wahlstrategie hat diese Erzählung jedenfalls funktioniert.“
Corona-Aufarbeitung und „Kampf gegen Rechts“
Mit dem BSW gibt es bei der nächsten Bundestagswahl endlich wieder eine für mich wählbare Alternative. Die Bemühungen des BSW, das Thema Corona ebenfalls zu besetzen, sind gut und wichtig (siehe etwa hier oder hier oder hier oder hier oder hier). Trotzdem bleibt die AfD vermutlich in den Augen vieler Bürger vorerst die realistischste Kraft dafür, dass zumindest versucht wird, die Corona-Zeit aufzuarbeiten. Ob die Partei das dann wirklich konsequent umsetzt, bleibt abzuwarten.
Die AfD kann aber mit ihren Corona-Positionen trotz dieser Ungewissheit vermutlich auch bei zahlreichen Menschen landen, die ansonsten das AfD-Wahlprogramm in vielen Punkten ablehnen würden, etwa deren Vorstellungen zur Aufrüstung oder ihre Vorstöße zum Steuerrecht oder zur Arbeitslosenversicherung.
Obwohl ich viele AfD-Positionen bei anderen Themen ablehne, muss betont werden: Mit ihrer Kritik an der Corona-Politik haben sich manche AfD-Politiker und -Anhänger schon früh nach vorne gewagt und sie haben für diese Standpunkte viel „Hass und Hetze“ aus Medien und Politik aushalten müssen.
Hat sich bei Ihnen irgendjemand entschuldigt?
Das Verhalten der Corona-Aufklärungsverhinderer erinnert an Kinder, die sich die Augen zuhalten und damit unangenehme Situationen verschwinden lassen wollen. Aber das beharrliche Verweigern, die Corona-Zeit zu analysieren und die dafür nötigen Daten in seriöser Weise zu erheben, lässt den Konflikt nicht verblassen. Im Gegenteil: Diese Versuche der Unterdrückung befeuern meiner Meinung nach bei vielen Menschen eher noch die Wut und die Bereitschaft, als „Notbremse“ rechts zu wählen, wenn damit eine Aufarbeitung noch am wahrscheinlichsten erscheint. Aber anstatt dieses Motiv durch Aufarbeitung abzuräumen, beklagen sich jene Parteien, die sich mit „der Demokratie“ gleichsetzen, über Wahlergebnisse oder bringen gar abzulehnende Parteienverbote ins Spiel.
Es gibt zahlreiche weitere gesellschaftliche Gründe für eine Aufarbeitung der Corona-Politik – einer Politik, die sich auf keinen Fall wiederholen darf. Aber die Widerstände gegen Aufklärung sind groß, viele ehemalige Unterstützer der Corona-Politik sehen keinerlei Veranlassung für eine (selbst)kritische Analyse – auch im privaten Umfeld nicht: Hat sich bei Ihnen eigentlich schon irgendjemand für sein Verhalten während der Corona-Zeit entschuldigt?
Titelbild: Yalcin Sonat / Shutterstock
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