Sumit Paul-Choudhury – The Bright Side. Eine optimistische Geschichte der Menschheit
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Draußen ist es dunkel, nass und kalt. Die Stimmung ist trüb und die Nachrichten sind voller Schreckensmeldungen. Und doch gibt es viele gute Gründe, heute optimistisch zu sein, findet der Wissenschaftsjournalist Sumit Paul-Choudhury. Optimismus ist eine Ressource, die man anzapfen kann, gerade wenn es hart auf hart kommt, sagt er. „Zum Optimisten wurde ich in der Nacht, als meine Frau starb. Wie schwierig es auch sein mochte, sie wollte, dass ich weiter nach vorne schaute. Ich will beileibe nicht einen Trauerfall empfehlen, um die Resettaste zu drücken, aber mir verschaffte er Gelegenheit und die Motivation, mein Leben von Grund auf zu überdenken."
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Optimismus steckt in unseren Genen
Paul-Choudhury nimmt sich vor, die Welt besser zu machen und findet heraus: Wir alle sind viel optimistischer als wir es von uns denken. Der Optimismus ist sogar in unseren Genen angelegt. Ohne ihn hätte die Spezies Mensch im Laufe der Evolution nicht überlebt. „Optimismus schien mir die einzige Haltung zu sein, die einzunehmen sich lohnte. Wenn man mehr vom Leben erwartete, konnte man auch mehr vom Leben haben. Aber wenn ich schon Optimist sein wollte, dann wollte ich eine Art von Optimismus praktizieren, den ich guten Gewissens vertreten konnte, der mehr war als nur Glaube." Also durchsucht Paul-Choudhury Neurowissenschaften, Psychologie und Philosophie, auch die Literatur und findet erstaunliche Studien sowie beinahe unglaubliche historische Beispiele für die Macht der positiven Zukunftserwartung. Die erzählt er nun anregend in seinem Buch „The Bright Side. Eine optimistische Geschichte der Menschheit“.Solang man am Leben ist, kann man Entscheidungen treffen
Da ist zum Beispiel die Legende von Ernest Shackletons Expedition. Der britische Polarforscher rettete mit Beharrlichkeit seine Crew nach 635 Tagen im ewigen Eis der Antarktis. Seine Überlebensstrategie: „Die Eigenschaft, nach der ich am meisten suche, ist vor allem Optimismus angesichts von Rückschlägen und vermeintlichen Misserfolgen. Optimismus ist wahre Zivilcourage." Dabei ging es Shackleton nicht um blindes Vertrauen, er erinnerte seine Männer: solange sie am Leben seien, könnten sie Entscheidungen treffen, ihr Schicksal in die Hand nehmen. So sah es vermutlich auch der Schriftsteller und Bürgerrechtler James Baldwin. Er antwortete in einem Interview 1963 auf die Frage, wie er die Lage der Nation sehe, nachdem wieder einmal Aufstände schwarzer Amerikaner blutig niedergeschlagen wurden: „Ich kann kein Pessimist sein, weil ich lebe. Ein Pessimist zu sein bedeutet, dass man der Meinung ist, das menschliche Leben sei eine akademische Angelegenheit. Also ich bin gezwungen, Optimist zu sein. Ich bin gezwungen, zu glauben, dass wir überleben können, was auch immer wir überleben müssen.“ Was vom Leben erwarten? Wie die Zukunft gestalten? Die Antworten liegen nicht in der Vernunft, so Paul-Choudhury, sondern in Überzeugungen und Entschlossenheit. Allerdings verändere sich die Welt so rasant, dass die Zukunft immer unvorhersehbarer geworden ist.Seit Beginn der industriellen Revolution haben wir uns an die Vorstellung gewöhnt, dass wir in einer Art von Welt aufwachsen und in einer anderen Art von Welt sterben.Quelle: Sumit Paul-Choudhury – The Bright Side
Optimismus hat heute einen schlechten Ruf
Da bleibt der Optimismus auf der Strecke. Noch nie scheint er einen so schlechten Ruf gehabt zu haben wie im Moment, beklagen der Autor und sein deutscher Verleger, Lars Claßen, vom Kjona Verlag: „Was ich sehr sympathisch fand, er wollte sich den Optimismus eigentlich austreiben und hat es nur nicht geschafft. Das liegt mir total nah. Ich finde, man darf auch optimistisch aus Notwehr sein.“ Noch so ein Optimist, der Lars Claßen. Veränderung beginne im Kopf, sagt er und gründete einen Verlag mit optimistischer Vision: konsequent nachhaltige Bücher produzieren und nur in Teilzeit arbeiten: „… und der Verlag ist sehr erfolgreich und damit will ich nicht sagen, wow, guck mal, wie toll wir sind, sondern ich will sagen, wenn wir Zwei sowas können, dann können alle anderen das auch.“ Claßen war so begeistert von „The Bright Side“, dass der Verlag das Buch bereits im Sommer 2021 eingekauft hat: „… als es Kjona offiziell noch gar nicht gab, also in der Planungsphase sozusagen, weil wir uns so angesprochen davon gefühlt haben, weil Sumit Paul-Choudhury ein bisschen versucht, den Optimismus vom Kopf auf die Füße zu stellen.“Der Autor wünscht sich neue Mythen gegen die Optimusmuslücke
Stimmt. Was wie ein Lebensratgeber beginnt, entwickelt sich schnell zu einer hoffnungsstiftenden Analyse. Statistisch gesehen gab es noch nie so wenig Gewalt, waren wir nie gesünder, klüger oder älter. Da erstaunt eine aktuelle Umfrage unter Europäern: Die Mehrheit blickt optimistischer in ihre eigene Zukunft als auf die ihres Landes. Zwischen Individuum und Kollektiv klafft eine Optimismuslücke. Und um die zu schließen, wünscht sich Paul-Choudhury neue Mythen.Heute wie damals stirbt eine alte Welt. Unsere Aufgabe ist es, der neuen Welt zur Geburt zu verhelfen und dafür zu sorgen, dass sie nicht von Monstern zur Welt gebracht wird.Die Ideen und Technologien für positive Veränderungen sind eigentlich auch schon da: er nennt Geoengineering oder künstliche Intelligenz. Auch die Literatur kann helfen. Die ist meist ein Spiegelbild ihrer Zeit und reagiert auf Ereignisse – auf schlimme mit Dystopien, denkt man nur an Mary Shelleys „Frankenstein“, das sie im Jahr 1816 schrieb, nach dem größten Vulkanausbruch der Geschichte, als sich der Himmel derart verdunkelte, dass es in Europa ein Jahr ohne Sommer gab.Quelle: Sumit Paul-Choudhury – The Bright Side
Als das Tempo des Wandels jedoch irritierend wurde, widmeten sich die Autoren zunehmend fiktionalen Erzählungen über Reisen in die Zukunft. […] Heute scheint die krasse Dystopie zurück zu sein.Quelle: Sumit Paul-Choudhury – The Bright Side
Naive Trottel überall? Nein!
Das würde auch Verleger Lars Claßen unterschreiben. Doch immer mehr Autor:innen würden beginnen, neue Gesellschaftsentwürfe zu konzipieren: „Wenn man den Möglichkeitsraum im Kopf erweitert, dann erweitert man auch die Grenzen, die man überhaupt beschreiten kann, deswegen sind Optimist:innen auch resilienter und gesünder und spannenderweise auch überall auf der Welt in jeder Altersstufe.“ Wenn man ein Buch „The Bright Side“ nennt, denkt man natürlich an „Das Leben des Brian“ – der gesungene Optimismus der Gekreuzigten. Alles naive Trottel? Durchaus nicht. Sumit Paul-Choudhurys Version von Optimismus ist eine Lebenseinstellung, eine Tugend. Wenn man so will, hat er ganz im Sinne der Aufklärung einen inspirierenden Langessay vorgelegt, kompetent ins Deutsche übertragen von Andreas Wirthensohn, ganz ohne esoterisches Zuversichtsgeschwafel.968 episodios