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Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

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Kennen Sie das? Sie freuen sich wie ein Schneekönig auf Ihre nächste Reise, aber je näher der Aufbruch rückt, desto spürbarer wird ein leises Grummeln irgendwo im Körper. Ausgerechnet Navid Kermani, den die Recherchen für seine Bücher durch die halbe Welt geführt haben, scheint dieses Gefühl zu kennen. Vielleicht nicht von sich selbst, so doch hinreichend, um daraus eine komische Geschichte zu machen. Eine Geschichte für Kinder, die ebenso zum Vorlesen wie zum Mitsprechen einlädt und nicht zuletzt zum gemeinsamen Betrachten der Illustrationen des Zeichners Mehrdad Zaeri. Sie heißt „Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest“. Und das leise Grummeln im Körper sitzt im Fall des Ich-Erzählers ... genau: in der linken Hand.
Einmal wollte ich durch Afrika reisen.

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

So beginnt das Buch des vielfach ausgezeichneten Romanciers und Essayisten, der zurzeit mit dem Ostafrika-Sachbuch „In die andere Richtung jetzt“ auf Lesereise ist.

Worauf Augen, Ohren, Bauch und Popo sich freuen

Der Erzähler freut sich, und alle Körperteile freuen sich mit, die Augen auf den Anblick des Nils, die Ohren auf Jazz in Addis Abeba, der Bauch freut sich aufs Essen, das Herz auf die Menschen, die Kehle auf die Cocktails, die Füße, die Beine, der Mund, der Kopf, auch der Popo, der sich – ausgerechnet – auf Kamelritte freut.
„Nur meine linke Hand, die ... Achtung, jetzt beginnt die Geschichte ... die freute sich nicht.
,Ich will nicht nach Afrika!‘ sagte die linke Hand, gerade, als ich zum Flughafen fahren wollte.
,Jetzt komm schon, linke Hand‘ sagte ich. ,Alle wollen nach Afrika, die Augen, die Ohren, die Nase, der Mund, der Bauch, der Kopf, das Herz, der Popo, die Beine, die Kehle, die Füße, sogar die rechte Hand will nach Afrika – warum du denn nicht?‘
,Zu Hause ist es schöner‘, sagte die linke Hand.
,Papperlapapp‘, rief ich, ,du kommst jetzt gefälligst mit!‘“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Mit „Papperlapapp“ hat noch niemals jemand irgendetwas besser gemacht. So auch hier. Die grummelige Widerspenstigkeit der linken Hand, die sich an der Heizung festhält und partout nicht loslassen will, setzt eine Kaskade der Hindernisse und Scheinlösungen in Gang, inklusive Klempnereinsatz, Problemen im Taxi und am Checkin-Schalter – und jeder Menge Diskussionen von Händen, Mund, Kopf und so weiter.

Wenn die Körperteile miteinander streiten

Die anderen Körperteile revoltieren regelrecht gegen die aufmüpfige linke Hand, allen voran die rechte Hand, die ihre Chance wittert, sich der unliebsamen Konkurrentin zu entledigen:
Ja, schneid sie ab (...) Die linke Hand wird völlig überschätzt.

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Keine gute Idee für einen Linkshänder-Organismus, weshalb ein anderer Ausweg gefunden werden muss. Und selbstredend findet der Erzähler am Ende einen, mit dem alle zufrieden sind und der Reise durch Afrika nichts mehr im Wege steht. Spoiler: dabei spielen zwei kuschelige Handschuhe mit elektronischem Heizkissen im Futter eine wichtige Rolle. Navid Kermanis Text für dieses Bilderbuch zeigt, dass der Autor, selbst zweifacher Vater, ziemlich gut weiß, was Kinder beim Vorlesen begeistert. Litaneiartige Wiederholungen etwa, die man mitsprechen kann:
„Ich zog an der linken Hand
und ich ZERRTE
und ich FLEHTE
und ich BETTELTE
und ich SCHIMPFTE
und ich SCHRIE die linke Hand an, dass wir das Flugzeug verpassen würden, wenn sie nicht sofort die Taxitür losließe.“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Dazu kommt ein leicht anarchischer Witz. So erinnert die Komik der Interaktion zwischen den Körperteilen an den Sketch „Der menschliche Körper“ von Otto Waalkes mit der unsterblichen Zeile „Milz an Großhirn: Soll ich mich auch ballen?“

Bekloppte Ideen für tausend oder zehntausend Euro

All das sorgt dafür, dass erwachsene Vorleser sich bei Lektüre ebenfalls nicht langweilen werden, vor allem bei den leise selbstironischen Stellen:
„Da hatte mein Kopf wieder eine seiner bekloppten Ideen, und mein Mund bot dem Fahrer an, die Taxitür zu kaufen, wenn der Fahrer sie schnell ausbaute, worauf der Fahrer einen irren Preis nannte, tausend oder zehntausend Euro.“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Für kleine und große Selber-Leser hat das Buch auch optisch viel zu bieten. Der Illustrator Mehrdad Zaeri setzt auf Farbflächen in der Art von Gouachen, mit knalligen Kontrasten, Ton-in-Ton-Silhouetten, filigranen Details, starken Konturen. Die kubistisch-zweidimensional angelegte Figur des Ich-Erzählers mit Zwirbelbärtchen, großen Augen, flachem Kreissäge-Hütchen, rotem Jackett, grüner Hose und gelben Schuhen hat etwas von einem Torero in der Sommerfrische, aber auch vom HB-Männchen der Sechziger-Jahre-Reklame. Auf unterhaltsam-poetische Art erzählen Navid Kermani und Mehrdad Zaeri mit der rasanten Geschichte einer reiseunlustigen linken Hand zugleich von der Vorfreude auf das Neue und dem Magnetismus des Altvertrauten und davon, dass das Ganze erst in der Summe seiner Teile entsteht. Und seien es die verselbstständigten Körperteile, von denen jedes mindestens so wichtig ist wie der Kopf.
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Einmal wollte ich durch Afrika reisen.

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

So beginnt das Buch des vielfach ausgezeichneten Romanciers und Essayisten, der zurzeit mit dem Ostafrika-Sachbuch „In die andere Richtung jetzt“ auf Lesereise ist.

Worauf Augen, Ohren, Bauch und Popo sich freuen

Der Erzähler freut sich, und alle Körperteile freuen sich mit, die Augen auf den Anblick des Nils, die Ohren auf Jazz in Addis Abeba, der Bauch freut sich aufs Essen, das Herz auf die Menschen, die Kehle auf die Cocktails, die Füße, die Beine, der Mund, der Kopf, auch der Popo, der sich – ausgerechnet – auf Kamelritte freut.
„Nur meine linke Hand, die ... Achtung, jetzt beginnt die Geschichte ... die freute sich nicht.
,Ich will nicht nach Afrika!‘ sagte die linke Hand, gerade, als ich zum Flughafen fahren wollte.
,Jetzt komm schon, linke Hand‘ sagte ich. ,Alle wollen nach Afrika, die Augen, die Ohren, die Nase, der Mund, der Bauch, der Kopf, das Herz, der Popo, die Beine, die Kehle, die Füße, sogar die rechte Hand will nach Afrika – warum du denn nicht?‘
,Zu Hause ist es schöner‘, sagte die linke Hand.
,Papperlapapp‘, rief ich, ,du kommst jetzt gefälligst mit!‘“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Mit „Papperlapapp“ hat noch niemals jemand irgendetwas besser gemacht. So auch hier. Die grummelige Widerspenstigkeit der linken Hand, die sich an der Heizung festhält und partout nicht loslassen will, setzt eine Kaskade der Hindernisse und Scheinlösungen in Gang, inklusive Klempnereinsatz, Problemen im Taxi und am Checkin-Schalter – und jeder Menge Diskussionen von Händen, Mund, Kopf und so weiter.

Wenn die Körperteile miteinander streiten

Die anderen Körperteile revoltieren regelrecht gegen die aufmüpfige linke Hand, allen voran die rechte Hand, die ihre Chance wittert, sich der unliebsamen Konkurrentin zu entledigen:
Ja, schneid sie ab (...) Die linke Hand wird völlig überschätzt.

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Keine gute Idee für einen Linkshänder-Organismus, weshalb ein anderer Ausweg gefunden werden muss. Und selbstredend findet der Erzähler am Ende einen, mit dem alle zufrieden sind und der Reise durch Afrika nichts mehr im Wege steht. Spoiler: dabei spielen zwei kuschelige Handschuhe mit elektronischem Heizkissen im Futter eine wichtige Rolle. Navid Kermanis Text für dieses Bilderbuch zeigt, dass der Autor, selbst zweifacher Vater, ziemlich gut weiß, was Kinder beim Vorlesen begeistert. Litaneiartige Wiederholungen etwa, die man mitsprechen kann:
„Ich zog an der linken Hand
und ich ZERRTE
und ich FLEHTE
und ich BETTELTE
und ich SCHIMPFTE
und ich SCHRIE die linke Hand an, dass wir das Flugzeug verpassen würden, wenn sie nicht sofort die Taxitür losließe.“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Dazu kommt ein leicht anarchischer Witz. So erinnert die Komik der Interaktion zwischen den Körperteilen an den Sketch „Der menschliche Körper“ von Otto Waalkes mit der unsterblichen Zeile „Milz an Großhirn: Soll ich mich auch ballen?“

Bekloppte Ideen für tausend oder zehntausend Euro

All das sorgt dafür, dass erwachsene Vorleser sich bei Lektüre ebenfalls nicht langweilen werden, vor allem bei den leise selbstironischen Stellen:
„Da hatte mein Kopf wieder eine seiner bekloppten Ideen, und mein Mund bot dem Fahrer an, die Taxitür zu kaufen, wenn der Fahrer sie schnell ausbaute, worauf der Fahrer einen irren Preis nannte, tausend oder zehntausend Euro.“

Quelle: Navid Kermani – Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Für kleine und große Selber-Leser hat das Buch auch optisch viel zu bieten. Der Illustrator Mehrdad Zaeri setzt auf Farbflächen in der Art von Gouachen, mit knalligen Kontrasten, Ton-in-Ton-Silhouetten, filigranen Details, starken Konturen. Die kubistisch-zweidimensional angelegte Figur des Ich-Erzählers mit Zwirbelbärtchen, großen Augen, flachem Kreissäge-Hütchen, rotem Jackett, grüner Hose und gelben Schuhen hat etwas von einem Torero in der Sommerfrische, aber auch vom HB-Männchen der Sechziger-Jahre-Reklame. Auf unterhaltsam-poetische Art erzählen Navid Kermani und Mehrdad Zaeri mit der rasanten Geschichte einer reiseunlustigen linken Hand zugleich von der Vorfreude auf das Neue und dem Magnetismus des Altvertrauten und davon, dass das Ganze erst in der Summe seiner Teile entsteht. Und seien es die verselbstständigten Körperteile, von denen jedes mindestens so wichtig ist wie der Kopf.
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