Carla Hinrichs und die Letzte Generation
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„Hauptsache dagegen“ hieß es über Carla Hinrichs in ihrer Abi-Zeitung. Weil sie besonders im Politikunterricht begeistert diskutierte, landete die Sprecherin der Letzten Generation in der „Dagegen“-Kategorie auf Platz eins. Auch heute sucht sie die inhaltliche Auseinandersetzung, macht auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam, bringt ihre Argumente vor, um zu überzeugen. „Aber“, unterstreicht sie: „Ich achte mehr darauf, dass Konflikte nicht mein Leben bestimmen.“
Kaum eine andere Klimagruppe war in der Vergangenheit derart oft und derart intensiv Hass und Unverständnis ausgesetzt. Auch medial wurde Stimmung gemacht und mit teils tendenziöser Berichterstattung versucht, den Protest der Letzten Generation zu delegitimieren – zum Beispiel durch abwertende Begriffe wie „Klimakleber“ und „Klimaterroristen“.
Die Kriminalisierung der Bewegung hat auch Sprecherin Carla Hinrichs selbst hautnah zu spüren bekommen: eine Wohnungsdurchsuchung, die Überwachung ihres Handys und eine Verurteilung zu zwei Monaten Haft auf Bewährung liegen bereits hinter ihr.
Dass die Letzte Generation immer wieder als störend dargestellt werde, möchte Carla Hinrichs dabei klar als etwas Positives verstanden wissen: „In unserer Situation ist extrem-nervig-sein etwas Gutes. Wenn wir mit dem Auto auf einen Abgrund zu rasen, dann ist es richtig geil, wenn jemand schreit: Drück auf die Bremse!“
So fordert die Bewegung – und genauso Klima-Fachleute – seit 2021 eine Notbremsung fürs Klima. Anfangs durch einen Hungerstreik im Berliner Regierungsviertel, später mit Kartoffelbrei auf Gemälden und Straßenblockaden. Ganz nebenbei leisteten die Ortsgruppen jede Menge Bildungsarbeit, erzählt Carla Hinrichs: „Wir haben 2023 über 1 000 Vorträge organisiert.“
Aktionen zivilen Ungehorsams sollen trotz allem erst einmal Geschichte sein: Im März kündigte die Letzte Generation einen Strategiewechsel an. Statt sich auf Straßen zu kleben, wird nun auf „ungehorsame Versammlungen“ gesetzt. Auch darum geht es dieser Folge GANZSCHÖNLAUT.
Im Gespräch mit Host Stephan Anpalagan definiert Carla Hinrichs den Aktivismus-Begriff und beschreibt die Unterschiede zwischen Klimaprotesten und den Blockaden von Menschen aus der Landwirtschaft. Sie stellt sich der Frage, warum deutscher Klimaprotest so weiß ist und erklärt, wie es funktioniert, Vollzeit für die Letzte Generation zu arbeiten und was eigentlich ein Schnüffelparagraph ist.
TRANSPARENZ
Gleich zu Beginn der Folge wird auf Carla Hinrichs Auftritt im Format Jung & naiv am 29. Februar 2024 verwiesen. Außerdem geht es um entscheidende Klima-Kipppunkte. So werden jene Punkte bezeichnet, an denen Umweltveränderungen laut Klimaforschung als irreversibel gelten.
Im Zuge ihrer Politisierung verweist Carla Hinrichs auf die Klimagruppe Extinction Rebellion und ihr Konzept der „Drei Forderungen und zehn Prinzipien“.
Thema ist auch die steigende Gewalt gegenüber Menschen der Letzten Generation. Meist werde wegen Nötigung, Beleidigung und Körperverletzungen ermittelt.
Zudem spricht Carla Hinrichs über das Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs gegen die Schweiz wegen zu wenig Klimaschutz.
Kritik übt Carla Hinrichs am Paragrafen 129. Gegen mehrere Mitglieder der Letzten Generation wird nämlich wegen des Verdachts der Bildung einer „kriminellen Vereinigung“ ermittelt. Die Bewegung selbst reagierte darauf mit der Kampagne „Menschen gegen Öl“, mit der über das laufende Verfahren informiert und Konsequenzen für zivilgesellschaftliches Engagement aufgezeigt werden.
Wer sich über die Pläne der Letzten Generation zu den Europawahlen informieren möchte, findet hier mehr Informationen.
Die Folge mit Carla Hinrichs wurde am 10. April 2024 aufgezeichnet.
URHEBERRECHT
Im Intro des Podcasts zitieren wir:
Enissa Amani, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 2: „Die Macht der Comedy“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:11:26
Anja Reschke, aus: „Panorama“, Beitrag „Mein Nachbar ist Nazi“ vom 1. Juli 2022, NDR, Timecode: 00:00:05
Disarstar, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 1: „Die Macht der Musik“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:01:45
DANKSAGUNG
Redaktion: Jasper von Römer, Melanie Skurt; Hosts: Ninia La Grande, Stephan Anpalagan; Produktion: Arian Dominiak; Artwork: Karla Schröder; Sprecherin: Leni Leßmann
FINANZIERUNG
Veto wird anteilig gefördert von der Schöpflin Stiftung, der GLS Treuhand und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.
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